Mittwoch, 23. September 2009

Abschied von Skandinavien

Zehn Wochen lang haben wir Skandinavien bereist und dabei über 11000 Kilometer zurückgelegt. Voller Eindrücke geht es nun wieder in Richtung Heimat. Die Fähre "Nils Holgerson" bringt uns vom südschwedischen Trelleborg nach Travemünde in Norddeutschland. Mit den Kreidefelsen der dänischen Insel Malm verabschiedet sich Skandinavien stilvoll.



Man muss oft etwas Tolles unternehmen,
um nur wieder eine Zeit lang leben zu können.

Johann Wolfgang von Goethe


Die Städte des Südens

Jetzt, am Ende unserer Reise, zieht es uns in die Städte Südschwedens. Hier pulsiert das Leben in fast südländischem Flair.
Uppsala, die weltberühmte Universitätsstadt.
Kalmar, der geschichtsträchtige Ort der Unterzeichnung der Kalmarer Union.


Lund, mit seinem romanischen Dom, der seit bald neunhundert Jahren Ort der Begegnung zwischen Mensch und Gott ist.


Malmö, das Tor zu Mitteleuropa, an der Öresundbrücke gelegen, nur eine halbe Stunde von Kopenhagen entfernt. Hier zeigt sich Schweden hip und modern.




Sonntag, 20. September 2009

Öland

Den Menschen, die, als sich die langgestreckte Insel aus dem baltischen Eismeer erhob, das Land besiedelten, musste dieses abweisend und karg erscheinen. So gaben sie der Insel den Namen Öland - ödes Land. Die riesige, einförmige Ebene der Stora Alvaret, deren gerade Horizontlinie nur von Windmühlen, Kirchen und einzelnen Baumgruppen durchbrochen wird, ist überzogen von bleichen Steinplatten aus verkarstetem Kalk. Dort, wo sich genug Erdreich angesammelt hat, leisten Wacholder und Wildrosen dem stetigen Wind Widerstand. Im Frühling bedecken unzählige Orchideenarten die karge Heide, und die gelben Bergsonnenröschen brauchen in diesem Grenzraum des Lebens keine Konkurrenz zu fürchten.
Prähistorische Hügelgräber und Runensteine bezeugen die frühe Besiedelung der Insel.
Die Endpunkte der hundertfünfzig Kilometer langen aber höchstens fünfzehn Kilometer breiten Insel sind bewacht von zwei Leuchttürmen: der "Lange Erik" im Norden und der "Lange Jan" im Süden. Das Naturschutzgebiet Ottenby ist ein ausgezeichneter Beobachtungsplatz für Ornithologen. Hunderte von Kranichen haben die Insel zu ihrem Sommerquartier erkoren.






Die Sonne erhebt sich aus dem Meer in einen wolkenlosen Himmel. Angelockt vom Geschnatter, das aus unzähligen Kehlen kommt, nähern wir uns der verborgenen Bucht und pirschen uns an die Wildgänse heran. Doch ein warnendes "Gaga", und mehr als hundert der eleganten Vögel erheben sich in die Lüfte. Eine fast zornig wirkende Runde über unseren Köpfen, und weg sind sie. Zurück bleiben einige Schwäne, die sich von dieser Aufregung unbeeindruckt zeigen.


Småland

Seit Tagen durchstreifen wir die Wiesen und Wälder Smålands und genießen die warmen Sonnenstrahlen, die unablässig unsere Fahrt begleiten. Während im Norden die Birken in leuchtendem Gelb erstrahlten, und das Rot der Beerensträucher die Hügel bedeckte, scheinen wir nun auf unserer Fahrt in den Süden wieder in den Sommer zurückgekehrt zu sein. Blau leuchtet das Meer. Die Küstenlinie ist in unzählige Schären untergliedert, graue Felsen erheben sich wie Elefantenrücken aus der spiegelglatten Wasserfläche. In den Buchten tummeln sich Wasservögel: Eiderenten, Haubentaucher, Wildschwäne, Blesshühner und die scheuen Fischreiher, die sich, sobald sie uns entdecken, in elegantem Flug unseren Blicken entziehen. Uralte Eichenbäume, knorrige Föhren mit rostroten Stämmen und Ebereschen mit beerenschweren Ästen durchziehen die lichtdurchfluteten Wälder.





In Söderköping erreichen wir den Götakanal, der hier seinen Anfang nimmt und als nahezu vierhundert Kilometer lange Wasserstraße die Ostsee mit der Nordsee verbindet. Über fünfzig Schleusen helfen die Höhenunterschiede zwischen dem Meer und den großen Seen, dem Vänernsee und dem Vätternsee zu überwinden. Siebenundsiebzig Stunden dauert die beschauliche Fahrt, ein besonderes Erlebnis für Erholungssuchende, die den vollen Terminkalender einmal vergessen wollen.

Mittwoch, 16. September 2009

Stockholm

Als "Venedig des Nordens" wird die schwedische Metropole gepriesen. Eingebettet zwischen der Ostsee und dem See Mälaren, auf unzähligen Holmen und Schären gelegen, besteht die "blau-grüne Stadt" zu einem Viertel aus Wasser und Grünfläche. Der schwedische Adel hat in seinen von Parks umgebenen Schlössern viel Grün in die Stadt gebracht. Nie wurde sie Opfer kriegerischer Zerstörung, sodass das Mittelalter und die Moderne sich in effektvollem Kontrast begegnen.
Stockholm hat aber nicht nur ein schönes Gesicht sondern auch einen dynamischen und aufregenden Charakter. Gerade in der Begegnung von Geschichte und geballter Lebenskraft liegt der besondere Reiz dieser Stadt.






Nimm dir die Zeit zu lachen -
das ist die Musik der Seele.

Klara Löwenstein

Mittwoch, 9. September 2009

Höga Kusten

Die Hohe Küste ist Schwedens größtes Naturwunder in Västerbotten und zählt daher zum Welt-Naturerbe. Hier wurden nämlich die weltweit höchsten nacheiszeitlichen Landhebungen gemessen. Als das Inlandeis am Ende der letzten Kaltzeit das Land wieder freigab, begann dieses sich, befreit von der Last des bis zu drei Kilometer mächtigen Eispanzers, langsam zu heben. Noch heute beträgt die Aufwärtsbewegung acht Millimeter pro Jahr und die ehemalige Küstenlinie befindet sich nun in einer Höhe von zweihundertachtzig Metern über dem Meeresspiegel.
Ein weites Netz an Wanderwegen erschließt diese einmalige Landschaft.
Unser Pfad führt uns zum Skuleskogen. Zuerst geht es durch einen richtigen Urwald zu einer absolut ruhigen Meeresbucht. Fast glaubt man, an einem See zu stehen - keine Algen, keine Muscheln, Schilf im sandigen Boden. Das Wasser gekostet schmeckt kaum salzig. Freundliche Wegbauer haben über weite Strecken einen Holzsteg verlegt, der hilft, das meist sumpfige und immer sehr holprige Gelände zu überwinden. Wir erreichen ein Geröllfeld mit kreisrunden Granitblöcken und schauen uns nach dem Fluss um, der das Gestein zugeschliffen hat. Da können wir lange suchen! Wir wandern auf ehemaligem Meeresboden dahin. Die Steine erhielten ihre Form im Hin und Her der Brandung des eiszeitlichen Meeres. Nach zwei Stunden haben wir unser Ziel erreicht. Völlig überraschend taucht es im dichten Wald auf. Slattdalsskrevan ist eine Reiss-Schlucht, ganz ohne die Einwirkung von Regenwasser entstanden. Das Inlandeis schaffte es, mit seinem enormen Gewicht den widerstandfähigen Granit zu spalten. Es bildete sich ein Riss, der in der Brandung des eiszeitlichen Meeres vertieft und ausgewaschen wurde. Heute ragen die Wände absolut senkrecht vierzig Meter in den Himmel.







Elchi, der Glückspilz

Jedermannsrecht

Das Jedermannsrecht ist ein in Jahrhunderten gewachsener Verhaltenskodex, der in ganz Skandinavien gilt und den Aufenthalt von Menschen in der Natur regelt. So ist es in der weitläufigen Landschaft erlaubt, sich überall frei zu bewegen, auch wenn es sich um Privatbesitz handelt. Hält man einen Mindestabstand von 150 Metern von dem nächstgelegenen Haus ein, darf man für eine Nacht bleiben.
Wenn der Tag am frühen Morgen mit dem Blick aus dem Womofenster auf die unberührte Natur beginnt, gehören diese Augenblicke mit zum Schönsten unserer Reise.



Storforsen

Der Piteälven ist einer der wenigen schwedischen Flüsse, die in ihrer ursprünglichen Wildheit erhalten sind, und nicht dem unermesslichen Hunger nach Energie geopfert wurden. Mit dem Storforsen haben wir die größte Stomschnelle Europas erreicht. Auf einer Fließstrecke von zwei Kilometern überwindet er einen Höhenunterschied von 60 Metern - zischend, dröhnend, weiß schäumend, bedrohlich krachend, hüpfend und brausend.
Der Fluss lebt. In jedem Tropfen spricht er zu uns!





Der Fluss

Dynamische Kraft
lebendige Bewegung
jede Sekunde neu im stürzenden Tropfen
aber auch
die stehende Welle, bis in die Ewigkeit erstarrt.
Das immer gleiche Bild im stetigen Wandel!


Freitag, 4. September 2009

Bei den Samen

Sápmi, das Siedlungsgebiet der Samen, erstreckt sich über die kargen Küstengebiete, Fjelllandschaften und lichten Birkenwälder im hohen Norden Europas. Staatsgrenzen durchziehen Lappland und zwängen es in das Korsett von vier Staaten, in denen die Sami als Nomadenvolk von jeher bestenfalls geduldet wurden. Erst die jüngste Vergangenheit brachte ein gewisses Maß an Selbstbestimmung durch die Einführung des Samenparlaments in Karasjok und eine intensive Rückbesinnung auf die eigene Identität.
Im Samenradio hören wir den Joik, den mystisch anmutenden Gesang. Er versetzt uns in eine Zeit zurück, als das Land der Sonne und dem Wind gehörte und große Rentierherden dem Rhythmus der Jahreszeiten folgend die weiten Flächen durchstreiften.


Hier habt ihr die Möglichkeit in die wunderbare Musik der Mari Boine hineinzuhören.

Über die Sommermonate halten sich die Rentierherden in den Küstengebieten im äußersten Norden auf. Wenn die Tage kürzer werden, und die ersten Herbststürme ins Land ziehen, begeben sie sich auf die große Wanderung ins Landesinnere. Noch sind die Koppeln, die wir entlang der Straße entdecken leer und warten auf den großen Augenblick der Rentierscheidung. Mit Quads und Hubschrauber werden die Tiere in Richtung der Sammelstelle getrieben. Die Kälber, die im panischen Gedränge sich dicht an ihre Mutter halten werden von den Besitzern durch einen speziellen Schnitt ins Ohr gekennzeichnet.


Die beiden kleinen Orte Karasjok und Kautokeino sind Zentren der samischen Kultur im Landesinneren. Hier befinden sich Parlament, Universität, Radio- und Fernsehsender, einige Museen und Galerien, sowie ein Theater. Auch wenn wir auf der Straße, im Alltag niemanden in der farbenfrohen Tracht der Samen antreffen, ist doch deutlich zu spüren, dass wir hier, mitten in Norwegen, einer völlig neuen Kultur begegnen. Blickt man in die Gesichter der Menschen, so sieht man wetterfeste, entschlossene Mienen. Der durchwegs gedrungenen Gestalt der Leute ist anzumerken, dass sie gewohnt sind, hart anzupacken. Im dunklen Winter sinkt hier die Temperatur auch schon einmal auf -50°C. Dass trotz der harten Lebensbedingungen noch Zeit bleibt, das Leben zu genießen und allerlei Kunsthandwerk zu betreiben, ist für uns Reisende erstaunlich und verlangt uns einiges an Bewunderung ab.



Der Inarisee

Inari - der geheimnisvolle See, umrankt von Legenden, über Jahrhunderte nur für die Samen zugänglich.
Wer in den endlosen Wäldern Nordfinnlands den See zu Gesicht bekommen will, dringt zu den Ufern vor und findet ein großes, stilles Wasser, mit glatter Oberfläche und mehr als 3000 Inselchen. Ein Ausblick auf die weite Wasserfläche tut sich nicht auf. Der See gleicht eher einem Labyrinth, in dem man sich als Schiffer leicht verirren könnte. Es duftet nach Herbst, überall Pilze im lichten Unterholz, der Boden ist weich und moosig. Rentiere, groß und schön, mit mächtigen Geweihen kreuzen, gar nicht scheu die Straße.


Dienstag, 1. September 2009

Die Barentsee


Das Meer verweigert auch den kleinsten Flüssen nicht den Zutritt,
daher seine Tiefe.

Weisheit aus China





Die Küsten der Barentsee, im äußersten Nordosten Europas gelegen, sind die einzige arktische Klimaregion unseres Kontinents. Weit reicht die Varangerhalbinsel hinaus in das Eiswasser. Leuchtend weiße Sandstrände wechseln sich ab mit schroffen Felsen, spitz wie Scherenschnitte in den Himmel ragend. Die Hufabdrücke der Rentiere im Sand sind letzte Zeugen vom Leben, das in den hellen Sommermonaten die baumlose Landschaft erfüllt. Wir aber sind vollkommen allein, allein mit den Felszacken, die seit Urzeiten wie Haifischzähne gereiht in den Strandbogen abfallen, und mit den im monotonen Rhythmus des Windes hereinrollenden Brechern.